Auch 30 Jahre nach Abschaffung der Vormundschaft für Volljährige gibt es noch immer viele Fragen von Menschen, die zum ersten Mal mit dem Thema "Betreuung" in Berührung kommen. Oft liest man in der Presse immer noch von "Entrechtung", "Entmündigung" oder "Vormundschaft". Zum Betreuungsrecht gibt es viele offene Fragen. Vielleicht können die Antworten auf die unten gestellten Fragen ein wenig mehr Licht in das für Außenstehende dunkele Gebiet des Betreuungsrechts bringen.
Frage 1: Was ist überhaupt eine Betreuung?
Wenn Sie auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung Ihre persönlichen Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können und diese Angelegenheiten nicht durch einen Bevollmächtigten oder andere Institutionen besorgt werden können, wird vom Betreuungsgericht eine Betreuung eingerichtet. Die Aufgaben des Betreuers werden vom zuständigen Betreuungsgericht nach erfolgter Anhörung und einem ärztlichen Gutachten festgelegt. Ihre Wünsche und Vorstellungen zu Ihrem Lebensstil sind - wenn sie zumutbar und realisierbar sind - von Ihrem Betreuer zu beachten. Ihr Betreuer unterstützt und berät Sie im Rahmen der festgelegten Aufgabenkreise bei der Erledigung Ihrer persönlichen Angelegenheiten und Rechtsgeschäfte.
Frage 2: Ist mein Betreuer gleichzeitig mein Krankenpfleger?
Nein! Ein Betreuer ist nicht mit einem Pfleger oder gar einer Haushaltshilfe zu verwechseln. Ein Betreuer ist nur für festgelegte Aufgabenkreise (z.B. Vermögen oder Gesundheit) Ihre rechtliche Vertretung.
Frage 3: Welche Aufgaben hat mein Betreuer?
Die von Ihrem Betreuer zu erledigenden Aufgaben benennt das Betreuungsgericht. Je nach Notwendigkeit werden individuell so genannte Aufgabenkreise (z.B. Gesundheitssorge, Vermögenssorge) oder auch einzelne Tätigkeiten benannt, wie z.B. „Vertretung gegenüber dem Rententräger“.
Frage 4: Bin ich mit der Einrichtung einer Betreuung entmündigt?
Nein! Grundsätzlich hat die Einrichtung einer Betreuung keinen Einfluss auf Ihre Geschäftsfähigkeit. Die Entmündigung wurde mit dem Betreuungsrecht aus dem Jahre 1992 abgeschafft!
Frage 5: Wird mein Betreuer immer für mich zuständig sein?
Nein! Die Dauer der Betreuung bestimmt das Betreuungsgericht. Eine Betreuung wird immer zeitlich befristet, in der Regel auf zwei Jahre eingerichtet. Spätestens nach 7 Jahren muss eine Überprüfung der Notwendigkeit der Betreuung erfolgen. Sowohl Sie als Betroffener als auch der Betreuer können aber schon vorher einen Antrag auf Aufhebung der Betreuung stellen, wenn die Betreuung nicht mehr notwendig erscheint.
Frage 6: Darf ich noch bestimmen, wofür ich mein Geld ausgebe?
Ja! Der Betreuer hat eine beratende Funktion und kann Ihnen nicht vorschreiben wofür Sie Ihr Geld ausgeben. Die Erstellung eines Finanzplans ist oftmals sinnvoll. So haben Sie eine Übersicht über Ihre "Pflichtausgaben" (z.B. Miete, Krankenkasse, Telefon, Rundfunkbeitrag) und dem für Sie verbleibenden Geld.
Frage 7: Darf mein Betreuer meine Wohnung kündigen und mich einfach in einem Heim unterbringen?
Nein! Die Kündigung Ihrer Wohnung durch den Betreuer ist nur mit Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht möglich. Hierzu muss ein ärztlichen Gutachtens vorliegen, aus dem hervorgeht, dass eine Rückkehr zu einem selbständigen Leben in Ihrer eigenen Wohnung nicht mehr möglich ist. Gleiches gilt für den Verkauf Ihres Hauses. Der Vertrag über den Hausverkauf muss noch einmal gesondert genehmigt werden.
Frage 8: Was ist eigentlich ein Betreuungsverein?
Ein Betreuungsverein ist ein eingetragener Verein (e.V.) der (in Nordrhein-Westfalen) vom
Landschaftsverband Rheinland oder vom Landschaftsverband Westfalen Lippe als
solcher anerkannt wurde. Ein Betreuungsverein hat die Aufgabe,
ehrenamtliche Betreuer zu gewinnen, einzuführen und fortzubilden. Ehrenamtliche
Betreuer können sich bei Problemen mit der Führung ihrer Betreuung an einen
solchen Betreuungsverein wenden. Eine weitere Aufgabe ist die planmäßige
Information über Vorsorgevollmachten.
Ein Betreuungsverein oder die hauptamtlich angestellten Mitarbeiter des Vereins,
so genannte "Vereinsbetreuer" können selbst Betreuungen führen und unterstützen
die ehrenamtlichen Betreuer in der Erledigung ihrer Aufgaben.
Frage 9: Kann ich selbst bestimmen, wer mein Betreuer wird?
Sie können Vorschläge machen, wer das Amt des Betreuers für Sie übernehmen soll. Das Vormundschaftsgericht wird diesen Vorschlag prüfen und bei Eignung die von Ihnen vorgeschlagene Person einsetzen. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, sich schon im Vorfeld Gedanken über eine "Betreuungsverfügung" oder "Vorsorgevollmacht" zu machen.
Frage 10: Wer bestimmt, dass ich einen Betreuer brauche?
Das Betreuungsgericht wird auf Antrag eines Dritten tätig. Nach der Einholung eines ärztlichen Gutachtens über die Notwendigkeit der Einrichtung einer Betreuung erfolgt eine persönliche Anhörung. Erst dann wird - wenn nötig - ein Betreuer bestellt.
Frage 11: Was ist ein "Einwilligungsvorbehalt"?
Bei erheblicher Gefahr für die Person oder das Vermögen einer Person kann vom Vormundschaftsgericht ein "Einwilligungsvorbehalt" angeordnet werden. Alle Rechtsgeschäfte (Einkäufe, Bestellungen, Verträge) werden erst rechtswirksam, bis der Betreuer zugestimmt hat. Es ist ein Schutz für die Betroffenen, um von Verträgen, die sie nicht überblicken konnten, wieder zurücktreten zu können.
Frage 12: Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich keinen Betreuer möchte?
Wenn Sie keinen Betreuer möchten, können Sie gegen den Beschluss des Betreuungsgericht Rechtmittel einlegen ("Widerspruch"). Das übergeordnete Gericht wird dieses dann prüfen und die Einrichtung der Betreuung bestätigen oder aufheben. Gleiches gilt auch, wenn Sie schon einen Betreuer haben.
Frage 13: Darf ich noch an Wahlen teilnehmen, wenn ich einen Betreuer habe?
Ja! Das Wahlrecht bleibt Ihnen erhalten. Eine Ausnahme ist, wenn eine Betreuung für alle Aufgabenkreise ausgesprochen wird. Trotz einer bestehenden Betreuung sind auch eine Eheschließung und die Einrichtung eines Testamentes möglich.
Frage 14: Entscheidet mein Betreuer über meine Krankheitsbehandlung oder über gefährliche Operationen?
Nein! Ihr Betreuer darf Sie nicht
zwangsweise einer Heilbehandlung zuführen. Dieses geschieht zunächst nur auf
Ihren Willen hin. Auch die Einwilligung in eine Heilbehandlung oder Operation
geben Sie selbst. Sollten Sie als Patient die notwendige Einsichts- und
Steuerungsfähigkeit nicht besitzen, um die Tragweite einer Behandlung zu
erkennen, kann Ihr Betreuer seine Einwilligung geben.
Muss Ihr Betreuer die Einwilligung in gefährliche oder lebensbedrohliche
Eingriffe geben, weil Sie vielleicht bewusstlos sind, benötigt er eine
betreuungsgerichtliche Genehmigung seiner Einwilligung.
Frage 15: Darf mein Betreuer einer Sterilisation zustimmen?
Nein! Zunächst müssen für eine Sterilisation viele Vorgaben erfüllt sein. Dieses ist genau im BGB (§1905) festgehalten. Für die Einwilligung in eine Sterilisation muss auch immer ein weiterer Betreuer bestellt werden.